21. August 1893, Montag
Ereignis
- 21.08.1893
- F über ihren Tagesverlauf: „Unser Tag verläuft wie folgt: um 6 ½ auf, um 7 ½ an den Theresienbrunnen (der besser für Mama zu passen scheint als Markt- und Schloßbrunnen), von 7 ½ bis 9 Spaziergang bis zum ‚Posthof‘, das Tepelthal hinauf, und auf dem Heimwege Gebäckeinkauf bei Domenico Mannl, Schweizer Bäcker, von dessen ‚Weltruhm‘ die Karlsbader mit Stolz sprechen. Und mit Recht. […] Von 9 bis 9 ½ Frühstück. Dann schläft sich Mama viertelstundenweise durch den Vormittag durch […]. Dann Toilette, d.h. bei Mama, das alte Spitzenkleid angezogen, bei mir ein neuer Hemdkragen wird umgebunden. Handschuhzwang für die Männerwelt existirt nicht. Dann folgt das Diner: halbes Rebhuhn, hinterher eine Mehlspeise und ein Glas Pilsener. Von 2 bis 4 Stillsitzen in unsrer Wohnung und Erörterung der lieben alten Fragen: ‚wird es schwül bleiben oder wird es regnen, oder wird ein Gewitter kommen oder wird es blos wetterleuchten?‘ Nach endlicher Feststellung, daß das eine so gut möglich sei, wie das andre, geht es um 4 zu Pupp, um Kaffe bez. Milch oder auch bloß Gieshübler zu trinken. […] Die Session bei Pupp dauert bis 6. Dann wieder Spaziergang bis zum ‚Posthof‘, auf dem Heimwege Schinkeneinkauf bei ‚Friedel‘ (unsrem wünschte ich dies Geschäft, eine wahre Goldgrube), gegen 8 Abendbrot und um 9 in die Klappe.“ [1]
- 21.08.1893
- F beklagt in Karlsbad fehlende Gesellschaft: „Wir haben zwar Grund, mit allem sehr zufrieden zu sein, sind es auch, aber die Einsamkeit ist groß und stempelt das Ganze doch zu einem grausamen Vergnügen. […] ‚Unter Larven die einzig fühlende Brust‘, – selbst von diesem Minimalsatz ist hier nicht zu sprechen, denn auch diese eine Brust fehlt.“ [2]
- 21.08.1893
- Emilie Fontanes körperlicher Zustand verschlechtert sich; sie kann vor Schmerzen weder sitzen noch liegen; sie geht nochmals zu Dr. Becher, der die Ursache für Emilies Schmerzen jedoch nicht eindeutig diagnostizieren kann [3]
- 21.08.1893
- Professor Colmar Grünhagen besucht F und „schoß mir einige Lobkugeln in den Leib“ [4]
- 1: HFB 4,279 (F an Martha Fontane, 21. 8. 1893)
- 2: HFB 4,278/280 (F an Martha Fontane, 21. 8. 1893)
- 3: HFB 4,280–281 (F an Martha Fontane, 22. 8. 1893)
- 4: HFB 4,282 (F an Martha Fontane, 22. 8. 1893)
Lektüre
- ** 21.08.1893 **
- Arne Garborg, Kolbotten, in: Das Magazin für Litteratur; dort in der Übersetzung von Laura Marholm abgedruckt (um 21. 8. 1893) [5]
- 5: HFB 4,279 (F an Martha Fontane, 21. 8. 1893)
Brief von Fontane an
- 21.08.1893
über die Juden: „Die Juden können froh sein, daß ein Lump und ein Verrückter, Ahlwardt und Paasch, den Antisemitismus in die Hand genommen haben, die eigentlichen antisemitischen Prediger sind sie selbst.“ F denkt, daß Georg Friedlaender doch noch nach Karlsbad kommen wird [6]
- 6: FBV 93/63; Familienbriefnetz 441–444 (442)
Letzte Bearbeitung: 06.02.2024
(https://www.fontanearchiv.de/chronik/1893-08-21/)
Empfohlene Zitierweise: Roland Berbig: Theodor Fontane Chronik digital. Auf der Grundlage der »Theodor Fontane Chronik« (5 Bde., Berlin: De Gruyter 2010) hg. v. Theodor-Fontane-Archiv. Potsdam 2021ff. URL: https://www.fontanearchiv.de/chronik/1893-08-21/. Letzte Bearbeitung: 06.02.2024.
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