Auf dem Internetportal des Theodor-Fontane-Archivs sind seit heute die Videomittschnitte von sieben Vorträgen frei zugänglich, die die einseitige Fokussierung vieler Kultureinrichtungen auf männliche ›Heroen‹ hinterfragen und sich mit der Frage beschäftigen, was bei der Suche nach den Anteilen von Frauen – entweder am ›erinnerten Werk‹ der Männer oder an den Institutionen selbst – zutage tritt. Die Vorträge gehen auf den Workshop ›Gedächtnispolitik. Feministische Perspektiven auf kulturelle Gedächtnisorte‹ zurück, den das Archiv im Auftrag der Arbeitstagung Kultureller Gedächtnisorte (KGO) am 22. und 23. September 2024 ausgetragen hat. Gefördert wurde der Workshop von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).
Mit dem Workshop widmeten sich die Veranstalter:innen und Vortragende einem Thema der musealen und archivalischen Sammlungs- und Ausstellungsarbeit, das in den aktuellen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatten an Virulenzgewonnen hat und das sich der Arbeitstagung Kultureller Gedächtnisorte zudem in besonderer Weise stellt: Der Titel eines ›Kulturellen Gedächtnisortes von nationaler Bedeutung‹ ist den Einrichtungen der KGO auf Initiative der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) als »Kultureinrichtungen« verliehen worden, »die sich auf historische Persönlichkeiten von nationalem Rang beziehen und die von überregionaler Bedeutung sind«. Bei den »historischen Persönlichkeiten von nationalem Rang«, denen sich die ausgewählten Einrichtungen widmen, handelt es sich allerdings ausnahmslos um Männer.
Ziel des Workshops war somit, in Vergessenheit geratene Akteurinnen der Einrichtungen wiederzuentdecken und Ansätze und Methoden zur Auffindung und Anerkennung der Beiträge von Frauen in kulturellen Gedächtnisorten zu entwickeln. Exemplarisch führt ein solches Verfahren die Kunsthistorikerin Jennifer Moldenhauer (Research Council Field of Focus 3, Universität Heidelberg) vor, die das Konzept der ›integrierten‹ Ausstellung Der zweite Blick: Frauen im Berliner Bode-Museum mitentwickelt hat. Ihr breit angelegter Vortrag stellt Möglichkeiten vor, die Perspektiven, Beiträge und Taten von Frauen mittels neuer Führungsangebote durch eine bestehende Dauerausstellung zu verknüpfen. Weitere sechs Vorträge stammen von Vertreter*innen der Arbeitstagung Kultureller Gedächtnisorte, die sich der Fragestellung aus der Perspektive ihrer jeweiligen Häuser genähert haben.
»Es ist deutlich geworden, wie die Kulturellen Gedächtnisorte mit der Kategorie ›Geschlecht‹ umgehen: in der Perspektive auf ihre Bestände, in der Sammlungspraxis, in der Anlage und Ausrichtung ihrer Vermittlungsarbeiten, in Themenjahren, Ausstellungen und Veranstaltungsformaten«, resümiert Peer Trilcke, Leiter des Theodor-Fontane-Archivs an der Universität Potsdam. »Wir freuen uns, dass wir die Mitschnitte dieser vielschichtigen Vorträge jetzt auch veröffentlichen können. Unser Dank gilt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, die die Veranstaltung großzügig gefördert hat«, sagt Anna Busch, stellvertretende Leiterin des Potsdamer Archivs.
Die Arbeitstagung Kulturelle Gedächtnisorte von nationaler Bedeutung (KGO) ist ein Zusammenschluss von derzeit 22 national bedeutsamen Kultureinrichtungen in den ostdeutschen Bundesländern. Ihre Gründung im Jahr 2003 geht zurück auf das sogenannte Blaubuch, eine auf Initiative des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) erstellte Evaluationsstudie. Bei den darin zusammengefassten Kulturellen Gedächtnisorten handelt es sich um Museen und Einrichtungen, die durch ihre Gebäude, Ensembles, Sammlungen, ihr Sujet oder ihre Aktivitäten international wahrgenommene Repräsentanten des nationalen Kulturerbes sind.
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