von Vanessa Hövel
Im Zuge meines Praktikums im Theodor-Fontane-Archiv bin ich auf die interessante Geschichte von Luise Röbel gestoßen, die 1945 einen Teil des Fontane-Nachlasses vor der Plünderung rettete. Am 6. Dezember 1967 wurde sie deshalb von Kurt Brückmann, dem Leiter der Abteilung wissenschaftliche Bibliotheken im Ministerium für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR, mit der Medaille für ausgezeichnete Leistungen geehrt. Joachim Schobeß berichtete am 15. Dezember 1967 in der Märkischen Volksstimme:
Luise Röbel fand auf dem Gut »Rotes Luch« bei Müncheberg (Mark) durch einen Zufall Kranzschleifen mit dem Aufdruck »Unserem Theodor Fontane …« und entdeckte bei Nachforschungen Manuskripte des Dichters. Mit Hilfe einer Dolmetscherin wandte sie sich an den sowjetischen Kommandanten mit dem Hinweis, daß es sich hier um unersetzliche kulturelle Werte handelte. Sie erhielt die Erlaubnis, weitere Nachforschungen anzustellen und konnte mit sowjetischer Unterstützung auf dem Gutsgelände und in Buckow (Märkische Schweiz) nach und nach etwa ein Drittel des verlagerten Handschriften-Bestandes sicherstellen. Der größere Teil war den Kriegsereignissen zum Opfer gefallen oder, wie seit längerer Zeit bekannt, in Diebeshand geraten. Luise Röbel ging zu Fuß nach Potsdam. Die Eisenbahn war noch unterbrochen. Die von Luise Röbel geretteten Handschriften bildeten den Grundstein für den […] Wiederaufbau des Fontane-Archivs in unserer Stadt zu dem heute international anerkannten Zentrum der Fontaneforschung, dessen Benutzung über Ozeane hinweg, ein begehrtes Ziel für viele Germanisten aus aller Welt geworden ist.
Später veröffentlichte der Archivleiter in den Fontane Blättern einen Bericht über die unerhörten Ereignisse im Roten Luch und den Wiederaufbau des Theodor-Fontane-Archivs.
Bei einer Recherche im Magazin fand sich ein Presse-Foto aus dem Jahr 1967. Die Überreichung der Medaille und der Urkunde fanden im Theodor-Fontane-Archiv statt, das sich damals im Gebäude des heutigen Bundesrechnungshofes in der Dortustraße befand. An den Wänden und auf dem Regal sind einige der Kunstgegenstände aus den Sammlungen zu erkennen. Archivleiter Schobeß verfolgt die Auszeichnung aufmerksam. Das Foto stammt von Gerhard Hillmer, dessen Nachlass im Potsdamer Stadtmuseum verwahrt wird. Rechtenachfolger ließen sich nicht ermitteln.
Literatur
Joachim Schobeß: Rettete Fontane-Archiv. Auszeichnung für Luise Röbel, die 1945/46 wertvolle Handschriften des Dichters vor der Vernichtung bewahrte. Märkische Volksstimme Potsdam, 15. Dezember 1967.
Anon.: Die Ereignisse im »Roten Luch« 1945 bis 1946 und der Wiederaufbau des Theodor-Fontane-Archivs. Ein abschließender Bericht. In: Fontane-Blätter, Potsdam, Bd. 2, Heft 4, 1971, S. 276-282.
Empfohlene Zitierweise:
Vanessa Hövel: Späte Ehrung für Luise Röbel, Blogserie Objekt des Monats, hg. v. Theodor-Fontane-Archiv, 1.4.2025. URL: https://www.fontanearchiv.de/blogbeitrag/2025/04/1/spaete-ehrung-fuer-luise-roebel