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Blogbeitrag05.07.2019

Präventive Konservierung in der Praxis

Planung und Umsetzung einer Notfallübung im Theodor-Fontane-Archiv

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Im Rahmen der Lehrveranstaltung ›Präventive Konservierung 2‹ werden von Seminargruppen des Bachelorstudiengangs ›Konservierung/Restaurierung/Grabungstechnik‹ an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW Berlin) Notfallkonzepte für museale Einrichtungen, Archive und Sammlungen erarbeitet sowie Evakuierungsübungen für Kulturgüter geplant und durchgeführt.

Das vor einem Jahr gestartete Kooperationsprojekt mit dem Theodor-Fontane-Archiv mündete im Sommersemester 2018 in der Erarbeitung eines Notfallkonzepts für den Standort am Pfingstberg. Entsprechend wurden die vorliegenden Gefahrenpotentiale in einer umfangreichen Risikobewertung zusammengefasst, Möglichkeiten zur Evakuierung der Bestände und weiterführende Schutzmaßnahmen zusammengestellt und Abläufe für die Erstversorgung havarierter Archivalien skizziert.

Im Zuge der diesjährigen Seminararbeit wurde das vorliegende Konzept im Rahmen einer Notfallübung bezüglich seiner Machbarkeit erprobt und umgesetzt. Die Übung umfasste vor allem die Bergung vermeintlich havarierter Bestände, die durch einen Brand in den Büros, anschließende Löschmaßnahmen sowie die daraus folgende starke Durchfeuchtung des gesamten Gebäudes in ihrem Erhalt beeinträchtigt waren und aus diesem Grund evakuiert werden mussten. Um die geplanten Bergungswege und personellen Kapazitäten zu überprüfen wurde versucht, den kompletten Ablauf, d.h. von der ersten Sichtung und Entnahme der beschädigten Bestände bis hin zu deren Erstversorgung, Verpackung und Zwischenlagerung abzubilden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs hatten Gelegenheit an all diesen Prozessen mitzuwirken und so einen realistischen Einblick in die Abläufe und Herausforderungen während einer Notsituation zu gewinnen.

Trotz mehrwöchiger Vorbereitung durch die Seminargruppe und Archivmitarbeiter zeigte die Notfallübung, dass selbst die Evakuierung eines einzigen Regalmeters eine hohe Belastung für kleine bis mittelgroße Institutionen darstellen kann. Vor allem Umfang und Relevanz der erforderlichen Dokumentationsarbeit wurden unterschätzt und waren im Nachgang Thema angeregter Diskussion. Daher scheint es umso wichtiger, die aus der vierstündigen Übung gewonnenen Erfahrungswerte für die Evaluierung der im Notfallkonzept umrissenen Abläufe zu nutzen und eine konkrete Überarbeitung mit entsprechenden Empfehlungen vorzunehmen.

Seit dem Jahr 2008 wurden durch die HTW Berlin diverse Notfallkonzepte für museale Einrichtungen erstellt, u.a. dienten die Berlinische Galerie, das Technikmuseum Berlin (DTMB), das Depot das Ethnologischen Museums Berlin (SMB), die Stadtmuseen Stuttgart und Düsseldorf, diverse Häuser der Stiftung Historische Museen Hamburg sowie das Museum für Naturkunde Berlin (MfN) bereits als Fallbeispiele. Auch im Archivbereich und in Zusammenarbeit mit der Landesfachstelle für Archive und öffentliche Bibliotheken sind zahlreiche Konzepte für Kreis- und Stadtarchive im Land Brandenburg entstanden.

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sowohl die musealen Einrichtungen, als auch die Studierenden der Hochschule von der engen Zusammenarbeit nachhaltig profitieren. Entsprechend hofft auch die diesjährige Seminargruppe mit dem durchgeführten Projekt auf die Relevanz der Notfallprävention hinzuweisen und die Notwendigkeit der Bündelung finanzieller, personeller und inhaltlicher Kompetenzen im Rahmen von Notfallverbänden und anderen Kooperationspartnerschaften zu thematisieren.